Veröffentlichung von Prinzipien zum Repräsentativitätsnachweis angesichts der COVID-19-Pandemie durch die EBA

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) erarbeitet aktuell ein Aufsichtshandbuch zur Präzisierung der regulatorischen Anforderungen an die Validierung interner Kreditrisikomodelle im IRB-Ansatz, das noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll. In diesem Zusammenhang veröffentlichte sie am 21. Juni 2022 den Entwurf von Prinzipien zum Repräsentativitätsnachweis angesichts der COVID-19-Pandemie, die später in das Handbuch integriert werden sollen.

Die EBA formuliert insgesamt vier Prinzipien mit dem Ziel, die Verwendung COVID-19 betroffener Daten zu harmonisieren. Dabei stellt sie zunächst klar, dass die in den Leitlinien für die PD-Schätzung, die LGD-Schätzung und die Behandlung von ausgefallenen Risikopositionen (EBA/GL/2017/16) formulierten Anforderungen an den Repräsentativitätsnachweis grundsätzlich auch für von der Pandemie betroffene Daten gültig sind (Prinzip 1). Dies betrifft neben der separaten Analyse der Repräsentativität von Daten für die Modellentwicklung (Risikodifferenzierung) und Daten für die Kalibrierung von Risikoparametern (Risikoquantifizierung) insbesondere die Analyse aller in den EBA-Leitlinien genannten Repräsentativitätsdimensionen :

  • Anwendungsbereich
  • Ausfalldefinition
  • Verteilung der relevanten Risikomerkmale
  • Kreditvergaberichtlinien und Richtlinien der Sicherheitenverwertung und Einbringung
  • Gegenwärtige und absehbare wirtschaftliche Rahmenbedingungen (nur für die Risikoquantifizierung relevant)
  • Repräsentative Mischung aus guten und schlechten Jahren im historischen Beobachtungszeitraum (nur für die Risikoquantifizierung relevant)

Zudem wird die klare Erwartungshaltung geäußert, dass im Rahmen der regelmäßigen Überprüfung von Schätzungen („review of estimates“) ein besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen der Pandemie und etwaiger Gegenmaßnahmen gelegt wird.

Das zweite Prinzip adressiert spezifisch die Repräsentativität der Entwicklungsdaten. Im Vergleich zu 2019 signifikant geringere Risikogewichte oder erwartete Verluste, die nicht auf eine Rekalibrierung zurückzuführen sind, sollten eine genaue Ursachenanalyse und insbesondere eine Analyse der Repräsentativität der Rangreihungsfunktion nach sich ziehen. Eine deutlich gesunkene Trennschärfe sollte ad-hoc-Maßnahmen (bspw. eine Behandlung von Ausprägungen der Risikofaktoren außerhalb des Wertebereiches der Entwicklung als Ausreißer bzw. fehlende Werte oder eine Behandlung als Modellschwäche verbunden mit einer angemessenen Sicherheitsmarge) bzw. in letzter Konsequenz eine Modellneuentwicklung nach sich ziehen. Die EBA stellt jedoch auch klar, dass keine Maßnahmen notwendig sind, sofern nachgewiesen werden kann, dass der Rückgang der Risikogewichte bzw. der erwarteten Verluste auf Veränderungen der idiosynkratischen, d.h. individuellen Schuldnereigenschaften zurückzuführen ist.

Im Fokus des dritten Prinzips stehen die in den Pandemiejahren beobachteten Ausfall- und Verlustraten. Die EBA betont, dass eine ggf. aufgrund niedriger realisierter Ausfall- und Verlustraten in den Pandemiejahren notwendige Rekalibrierung der Modelle verschoben werden sollte, bis sichergestellt ist, dass das niedrigere Ausfall- bzw. Verlustratenniveau nachhaltig und nicht nur auf pandemiebedingte (staatliche) Unterstützungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf eine repräsentative Mischung aus guten und schlechten Jahren im historischen Beobachtungszeitraum zu legen. Gestiegenen Unsicherheiten bzgl. des langfristigen Durchschnitts der Ausfallrate (LRA DR) sollte durch entsprechende Anpassungen Rechnung getragen werden. Gleichwohl bleibt eine Rekalibrierung auch in Richtung einer geringeren LRA DR erlaubt, sofern nachgewiesen wird, dass die Verringerung des Ausfallratenniveaus nicht auf pandemiebedingte Maßnahmen zurückzuführen ist.

Weiterhin wird ein expliziter Vergleich der Verteilung der Ausfallgründe während der Pandemie mit „normalen“ Jahren gefordert. Im Fall bedeutender Abweichungen sind Anpassungen der Kreditrisikoparameter zu prüfen, um der Gefahr einer Unterschätzung der Eigenmittelanforderungen zu begegnen.

Das vierte Prinzip beschäftigt sich abschließend mit der Validierung und Rekalibrierung der Downturn-LGD im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Dem dritten Prinzip folgend wird auch bzgl. einer möglichen Rekalibrierung der Downturn-LGD eine Verschiebung gefordert, bis sich die Folgen der Pandemie mit hinreichender Sicherheit in den realisierten Verlustraten wiederspiegeln. Bis zu einer entsprechenden Umsetzung ist den Downturn-LGD-Schätzwerten gemäß den EBA-Leitlinien für die einem Konjunkturabschwung angemessene LGD-Schätzung („Downturn-LGD-Schätzung“) (EBA/GL/2019/03) eine angemessene Sicherheitsspanne (MoC) der Kategorie A hinzuzufügen.

Gerne unterstützen wird Sie bei der Auslegung und Umsetzung der Prinzipien, sprechen Sie uns an!